Fachkräftebedarf für die Energiewende in Gebäuden
Anlässlich des VdZ-Branchenforums „Wer macht die Wärmewende?“ am 24. April 2018 hat Prognos im Auftrag der VdZ den Effekt der Energiewende auf das ohnehin knapper werdende Fachkräfteangebot in der SHK-Branche analysiert. Das Ergebnis: Die Energiewende verschärft die Situation deutlich. Dies kann aber auch als Chance für die SHK-Branche gesehen werden, sich in der Konkurrenz um die besten Köpfe als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.
In Deutschland sind seit einigen Jahren zunehmend Engpässe bei Fachkräften zu beobachten, die sich durch die Alterung der Gesellschaft zu einem generellen Personalmangel auszuweiten drohen. Davon ist auch die SHK-Branche betroffen. Hinzu kommt hier die Energiewende als potentieller weiterer Treiber für den Fachkräftemangel: Die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung sehen umfangreiche Investitionen zur Modernisierung unseres Gebäudebestandes vor, deren Umsetzung viel qualifizierte Arbeitskraft erfordert.
Die Untersuchung beleuchtet, in welchem Umfang bereits ohne zusätzliche Investitionen in Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende Fachkräfteengpässe im SHK-Bereich auftreten. Die Situation verschärft sich bei Umsetzung der „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ (Prognos im Auftrag des BMWi, 2016). Der zusätzliche Investitionsbedarf im Rahmen der Energiewende bringt einen erheblichen Mehrbedarf an Fachkräften mit sich. Für die Studie kombiniert Prognos die Szenarien der „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ mit volkswirtschaftlichen Studien und Modellen zur Beschäftigungsentwicklung (u.a. ISH-Branchendaten 2016, Prognos Arbeitslandschaften 2040, Prognos Economic Outlook).
Schritt 1: Wie groß ist der Fachkräftemangel ohne Energiewende?
In der SHK-Branche sind derzeit etwa 500.000 Beschäftigte tätig. Davon arbeiten rund 100.000 in der Industrie, ca. 50.000 im Großhandel und ca. 350.000 im Handwerk. Die Fachkräftelücke verschärft sich in der Prognose bis 2035. Erst danach tritt eine moderate Entspannung ein. Grund dafür ist erstens, dass der Bedarf an Fachkräften bis 2025 steigt und erst danach auf Grund von Produktivitätssteigerungen und einer demografisch begründeten niedrigeren Nachfrage sinkt. Zweitens sinkt gleichzeitig das Angebot an Fachkräften aufgrund der Alterung der Bevölkerung, so dass die potentielle Lücke mit dem Renteneintritt der Babyboomer ab ca. 2030 am höchsten ist.
Es wird dabei davon ausgegangen, dass der SHK-Anteil an allen Beschäftigten in Deutschland bis 2040 nahezu konstant bei gut 1,5 % verbleibt. In einigen Subbranchen nimmt der branchenspezifische SHK-Anteil zu, beispielsweise im Bauinstallationsgewerbe von etwa 19,5 % in 2016 auf 21,5 % in 2040.
Bereits ohne Berücksichtigung der Energiewende in Gebäuden ist im SHK-Bereich mit einer Fachkräftelücke von etwa 27.000 Beschäftigten in 2040 zu rechnen. Dies entspricht etwa 6 % der gesamten SHK-Beschäftigungsnachfrage, die im Jahr 2040 nicht gedeckt werden kann. Relativ ist vor allem der Bereich Gebäudeautomation, mit 7,4 % der Nachfrage im Jahr 2040, am stärksten betroffen.
Bei der Interpretation der Höhe der Lücke muss beachtet werden, dass der SHK-Bereich innerhalb z. B. der Branche Maschinenbau oft mit den übrigen „Teilbranchen“ des Maschinenbaus um die gleichen Köpfe konkurriert. Maschinenbauer werden auch in anderen Bereichen gesucht und prognostisch ist es schwer abzuschätzen, für welche Branche sich die Personen entscheiden. In der Prognose wurden die diesbezüglichen Anteile konstant gehalten. Der Anteil, der sich bisher für den SHK-Bereich entschieden hat, bleibt bestehen. Durch einen relativen Attraktivitätsgewinn, etwa durch höhere Löhne als in Konkurrenzbranchen, könnte die SHK-Branche den Fachkräftemangel lindern.
Schritt 2: Wie groß ist der Investitionsbedarf der Energiewende in Gebäuden?
Angestrebt wird ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050 – mindestens 80% weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990. Zur Erreichung der Ziele für Gebäude müssen zukünftig jedes Jahr 12-13 Mrd. Euro zusätzlich investiert werden. Die zur Erreichung der Klimaschutzziele notwendigen Investitionen erhöhen das jährliche Bauvolumen in bestehende Wohn- und Nicht-Wohngebäude um knapp 5 % (Bauvolumen 2015 ca. 270 Mrd.). Die Zusatzinvestitionen sind vor allem in energierelevanten Gewerken zu leisten. In diesen Bereichen erhöht sich das Investitionsvolumen um 75%. Das zusätzliche Bauvolumen trifft auf eine aktuell robuste Baukonjunktur und auf eine bereits spürbare Fachkräftelücke.
Schritt 3: Wie stark verschärft sich die Situation durch die Energiewende in Gebäuden?
Die zusätzlichen Investitionen lösen sowohl direkte als auch indirekte Beschäftigungseffekte aus. Direkte Effekte treten in den Branchen auf, in die tatsächlich investiert wird. Indirekte Effekte treten in den vorleistenden Branchen auf.
Insgesamt werden durch die Energiewende in Gebäuden bis zu 130.000 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt. Auf die SHK-Branche entfallen, bis 2025 20.000 und langfristig 15.000 zusätzliche Beschäftigte. Das entspricht einer Verschärfung der Lücke im Basis-Szenario ohne Energiewende um gut 50 %. Der Rückgang ab 2025 ist überwiegend auf Produktivitätsgewinne zurückzuführen.
Fazit: Die Lage ist ernst, aber alles andere als hoffnungslos
Auch ohne Energiewende verschärft sich die Fachkräftelücke bis 2035: Den SHK Branchen fehlen dann rund 30.000 Arbeitskräfte.
Die Energiewende in Gebäuden erfordert umfangreiche Investitionen, insbesondere Aufwendungen für Planung, Hochbau, Anlagen & Installation. Dies führt zu Mehrinvestitionen von knapp 13 Mrd. Euro jährlich. Diese Zahlen berücksichtigen nur die Investitionen in den Gebäudestock, nicht die Energiewende im Stromsystem oder die E-Mobilität.
Die Energiewende in Gebäuden erfordert bis zu 130.000 zusätzliche Arbeitskräfte. Allein in den SHK Branchen werden zusätzlich bis zu 20.000 Beschäftigte benötigt.
Herausforderung und Chance für die SHK Branche: Sie konkurriert mit anderen Wachstumsbranchen um die Fachkräfte der Zukunft. Schafft sie es, sich als besonders attraktiver Arbeitgeber zu abzuheben, kann sie vom enormen Investitionspotential durch die Energiewende profitieren.
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